Einen Kommentar schreiben – eine Anleitung

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Wie die Aufgabe, einen Kommentar zu schreiben, aussehen könnte, zeigt die Musteraufgabe für das Abitur 2016. Dort geht es um die Themafrage Partizipatives Web – Chance oder Risiko?

Eine Klausur dient – und das ist auch in Ordnung so – einzig und allein dem Zweck, deine bisher erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu testen und zu beurteilen.

Dein Ziel kann nicht das Ziel eines echten Journalisten sein: die Auflage einer Zeitung, für die du arbeitest, zu erhöhen, irgendwelchen Abonnenten zu gefallen oder die Meinung der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Nein, und davon gehen wir aus, du möchtest einzig und allein eine gute Note erzielen.

Im Mittelpunkt der (Muster-) Aufgabe steht die argumentative Auseinandersetzung mit einer bestimmten Fragestellung auf der Basis mehrerer Materialen - vorwiegend Texte. Zusätzlich zu den vorgelegten Materialien sollst du eigene Erfahrungen und Wissensbestände heranziehen. Damit ist einmal das Wissen aus dem Unterricht und – so scheint es zu sein – darüber hinaus das Wissen, was du sonst noch hast, gemeint. (Bei einer Chemieklausur käme wohl keiner auf die Idee, dass man zur Lösung der Aufgabe mehr wissen muss als im Unterricht vermittelt wurde.) Nimm es als Chance, mit etwas punkten zu können, was du anderen voraus hast. Zur argumentativen Auseinandersetzung gehört auch, dass du Position beziehst.

Das Ganze sollst du in die Form eines journalistischen Kommentars kleiden.

 

Nun dazu, wie man mit einer derartigen Aufgabe umgehen kann

Inhalt

Das Schreiben des Kommentars vorbereiten.

Die Argumentation vorbereiten.

Den Kommentar schreiben / gestalten.


Das Schreiben des Kommentars vorbereiten

Informationen beschaffen und sichten im Hinblick auf die Aufgaben-, Problemstellung.

Im Gegensatz zu einem Journalisten musst du dir nicht erst mühselig Informationen zum Thema beschaffen. - Die meisten sind dir vorgegeben. Du brauchst sie nur noch zu sichten.

Materialien/Texte

Sie bilden bei dem Aufgabentyp den Mittelpunkt.

Tipp: Verschaffe dir zuerst einen Überblick! Später, beim „Informationen auswählen“, siehst du dir alles noch mal genauer an.

Leitfragen:

  • Was erfahre ich über den Themenbegriff?
  • Welche Aspekte werden angesprochen?
  • Welche Position/en nimmt der Autor ein?
  • Welche Argumente werden vorgetragen?

Eigene Erfahrungen und Wissensbestände

Bei den eigenen Erfahrungen und Wissensbeständen sollte es in erster Linie um das gehen, was dir im Unterricht vermittelt wurde oder werden sollte. Das findest du in den Hinweisen des Kultusministeriums zum jeweiligen Abitur.

Wissen aus dem Unterricht

Verbindliche Texte/Medien (hier z.B. Abi 2016)

Verbindliche Unterrichtsaspekte (hier z.B. Abi 2016)

  • Einführung des Faches Medienkunde an Schulen, Mediennutzung Jugendlicher
  • Medien: Fluch oder Segen?

Wissen, was über das im Unterricht vermittelte hinausgeht.

Leitfragen:

  • Was weiß ich zum Thema aus dem Unterricht?
  • Was weiß ich sonst noch zum Thema?

Die eigene Position bestimmen

Wichtig: Die Position, die du einnehmen möchtest, bildet den Maßstab, um die Fülle von Fakten, Positionen, Aspekten und Argumenten zu ordnen und zu reduzieren. Darum:

Leitfrage:

  • Welche Position möchte ich einnehmen?

Informationen auswählen

Leitfragen:

Welche der gesichteten Informationen sind von Bedeutung für

  • die Er-/Klärung des Themenbegriffs?
  • eine ausgewogene Darstellung der Unterschiedlichkeit/Vielfalt von Aspekten, Positionen, Argumenten zu dem Thema?
    • (Tipp: 3 bis max. 5 Aspekte, welche genauer in den Blick genommen werden sollen.)
  • die Darstellung meiner Position

Die Argumentation vorbereiten

Verlasse dich nicht darauf, dass dir das Richtige schon beim Schreiben einfallen wird. Entwirf zuerst ein Konzept. Mach dir Stichpunkte. Ordne sie einander zu. – Frage dich dabei:

Leitfragen:

Habe ich eine klare Vorstellung von der Position, die ich einnehmen möchte? Anders gefragt: Was ist meine Hauptthese?

Habe ich den Themenbegriff geklärt?

Verwende ich Aspekte, Positionen, Argumente

  • aus den Materialien und
  • aus dem Unterricht und
  • eigene?
    (Das ist die Spielregel bei dieser Art von Prüfungsaufgabe.)

Haben die verwendeten Aspekte, Positionen, […] wirklich etwas mit dem Thema zu tun?

Passen die Argumente, mit denen ich mich positioniere,

  • zum Thema?
  • zu meiner Hauptthese?
  • zu den Argumenten, mit denen ich mich auseinandersetzen möchte.

Entfalte ich meine Argumente - durch Beispiele, Belege, Argumentationsketten?

Passt die Entfaltung zu den Argumenten?

Argumentiere ich mit Grundsätzen?

Passen die Grundsätze und Stützen?

Nehme ich eine Güterabwägung vor, wenn ich Pro- und Contra-Argumente gezielt gegenüberstelle.

Sind meine Überlegungen/Argumentationen widerspruchsfrei?

Wie sieht mein Fazit/Resümee aus?

  • Passt das Fazit zu meiner Positionierung?
  • Passt das Fazit zu meiner vorhergehenden Argumentation? (Also: Nichts Neues. Nichts, was im Widerspruch zum vorher Gesagten steht?)

 

Die Grundform des Argumentierens ist

 

Grundform-Argumentation.png

Die These kann Behauptung, Werturteil oder Handlungsaufforderung sein. Jedes Argument kann wiederum These für weitere Argumente sein. /

Siehe: Argumentieren


Den Kommentar schreiben

Der Aufbau des Kommentars

Der hier vorgeschlagene Aufbau gehört zu einem erörternd abwägenden Kommentar mit Positionierung (wie in der Musteraufgabe gefordert) und nicht zu einem erläuternden oder reinen Pro- oder Contra-Kommentar.

Überschrift - in der die eigene Positionierung deutlich wird

Lead – in dem knapp das Thema und meine Positionierung vorgestellt werden

Er-/Klären des Themenbegriffs

Angeführt/Vorgestellt/Referiert werden (jeweils im Sinne des Verfassers)

Pro-Argumente – auf die später zurückgegriffen werden kann

Contra-Argumente - werden nicht unterschlagen, sondern später widerlegt

Überleitung (fakultativ)

Argumentative Auseinandersetzung mit den bisher angeführten Argumenten

Ggfs. Einbringen neuer Pro-Argumente (fremde, eigene)

Fazit

 

Der folgende Vorschlag resultiert aus einer Analyse mehrerer Kommentare.

Aufbau eines Kommentars
Anfang

Für den Kommentar als Prüfungsaufgabe in der Schule sollten Überschrift/Titel, Lead und Erläuterungen zum Themenbegriff genügen.

Überschrift

  • Mit Positionierung der Kommentatorin / des Kommentators.

Lead

  • Hervorgehobene Kurzausführung zu Thema und Positionierung

Erläuterung zum Themenbegriff

  • Damit beginnt der eigentliche Kommentar
    Die Erläuterungen können schon Kommentare und Bewertungen enthalten. In einem sachorientierten Kommentar sollte man damit zurückhaltend sein.
Hauptteil

Vorgetragen/Angeführt (im Sinne des Kommentators) werden:

Proargumente

  • Meinungen von Befürwortern
  • Beispiele für befürwortenden Umgang mit der Sache

Contra-Argumente

  • Meinungen von Gegnern
  • Beispiele für ablehnenden Umgang mit der Sache

Das Vorgetragene kann wertend kommentiert werden.

Überleitung zur Auseinandersetzung mit den Contra Argumenten

Argumentierende Auseinandersetzung mit den Contra-Argumenten

Ende

Fazit

  • Mit abschließender Positionierung.

(Das Ende ist dann gelungen, wenn es zum Vorhergehenden „passt“.

 

 

Adressatenorientierung - Situationsorientierung

  • In der Musteraufgabe soll es um Texte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (bestimmter Adressatenkreis) in einer überregionalen Wochenzeitschrift (bestimmte Zeitung) angegeben. Die Verfasser der Musteraufgabe haben wahrscheinlich an Wochenzeitung Die Zeit, vielleicht noch an Das Parlament, aber wahrscheinlich weniger oder gar nicht an Der Freitag, Junge Freiheit, Jungle World oder etwa die Jüdische Allgemeine gedacht. – Der fiktive junge Erwachsene, der die Jungle World oder die Junge Freiheit liest, ist mit seinen Interessen, seinen Ansichten und seiner Sprache sicher nicht über einen Kamm zu scheren mit dem Leser der Jüdischen Allgemeinen oder der Zeit.
  • Wenn in der Aufgabenstellung nicht ausdrücklich auf eine bestimmte Zeitung/Rubrik mit bestimmter Klientel in Bezug auf Ausbildung (z.B. Ornithologe), Interessen (z.B. DSDS) oder Alter (z.B. Grundschule) verwiesen wird, nimm einen Menschen deiner (Aus-) Bildung an.
  • Der Jugendliche/junge Erwachsene wird, wenn nicht ausdrücklich eine besondere Zeitung/Leserschaft Unterrichtsgegenstand gewesen ist, sowieso der fiktive Adressat sein. Mach deine Altersgenossen nicht ungewöhnlicher als sie sind. Und: Ein zu starkes Eingehen auf den fiktiven Leser – z.B. durch Jugendsprache - kann auch zur Karikatur werden.

Kommentarstil

  • Das Ziel des Kommentars ist zu überzeugen, nicht zu überreden.
  • Der Stil sollte geprägt sein durch Lesbarkeit, Klarheit, Sachlichkeit.

 

Sprache:

Standardsprache, eine Sprachvarietät (Siehe) - ist Standard.

Fachsprache - dort, wo es nötig ist: schafft Klarheit, verweist auf Fachkompetenz, …

Umgangssprache, Dialekt und Soziolekt (Siehe) - eher zurückhaltend gebrauchen, falls überhaupt, als rhetorisches Mittel, z.B.um

  • die fiktiven Adressaten anzusprechen (kann bei übertriebenem Gebrauch z.B. von sog. Jugendsprache zur Karikatur werden),
  • Aufmerksamkeit, Heiterkeit … zu erwecken (kann dem Anspruch der Sachlichkeit schaden).

Einfacher (besser: überschaubarer) Satzbau – sollte Standard sein. Aber: Komplexe Sachverhalte lassen sich nicht nur in Hauptsätzen darstellen.

Syntaktische Figuren (Siehe) – wirken häufig gekünstelt und schrecken eher ab.

  • Formen der Reihung - können der Argumentation Nachdruck verleihen.

Formen uneigentlichen Sprechens (Siehe) - z.B.:

  • Rhetorische Frage – kann der Argumentation Nachdruck verleihen.
  • Ironie – kann missverstanden oder als nicht sachorientiert verstanden werden. Lieber sparsam bis gar nicht.

Konnektoren (Siehe) – dienen der Strukturierung und sorgen für Klarheit von Textaufbau und Argumentation

Textkommentierende Signale (Siehe) – sparsam gebraucht, machen sie einen Text lesbarer

  • Anführen von/Verweisen auf
  • Informationen aus den Materialien und eigenem Wissen
  • Zitate - eher selten, in formalisierter Zitierweise gar nicht
  • Angaben zur Quelle (z.B. Martenstein, Statistik des Bundesamtes, …)

Gebrauch von Formen der Redewidergabe (nicht nur indirekte Rede) (Siehe)